Natürlich ist wieder einmal das Ende der zivilisierten Welt nahe. Und das Ende des gedruckten Wortes auch. Es sind nicht nur die vollbärtigen, aus Prinzip offenbar technikfeindlichen Buchhändler ( auch hier wird das Klischee verbreitet ), die grimmig auf ihren Pfeifenstiel beissen und halblaute lateinische Flüche murmeln, um die E-Reader von ihren Läden fernzuhalten. Nein, die Vertreter des neuen, strahlenden Morgen selber sind es, die uns ihre Geräte verkaufen möchten und ganz nebenher, meistens mit einer leise lächelnden und schlecht versteckten Verachtung das baldige Ende des Handels mit gedruckten und gebundenen Worten prophezeien. Typ Ingenieur mit einer Lesesozialisation, die bei den Drei Fragezeichen begann, aber auch dort endete. Aber stopp, keine Polemik. Via Blog, als sichtbaren Beleg für eine nicht vorhandene Technikfeindlichkeit meinerseits ( und ja, ich weiß auch, was twittern ist und halte eine App nicht für die Restformation von ABBA )folgende meiner Meinung nach ungeklärten Fragen zum Thema E-Book:
1. ganz kaufmännisch: Wo liegt mein Gewinn als kleiner Sortimenter, wenn ich einen E-Reader bei unter 10% Spanne verkaufe ( an jedem Hardcover-Buch verdiene ich mehr ) und danach eventuell einen Kunden weniger habe? Dazu mit dem Risiko der Festabnahme des Geräts.
1.b. Die versprochene anschließende Wertschöpfung aus jedem geladenen Inhalts meines Kunden ist bisher sehr theoretisch - oder gibt es bereits echte Buchhändler, die einen nennenswerten Betrag mit digitalen Inhalten verdient haben? Baue ich mit dem Verkauf eines Gerätes nicht eher an dem Verdienst meines Konkurrenten amazon?
2. ganz bescheiden: Wissen die Verlage, was sie tun, wenn sie zwar einerseits mit ihren E-Books eine Handelsstufe einsparen können, andererseits aber nicht wissen, ob sie sich damit mittelfristig nicht selbst auflösen, denn die Verbreitung digitaler Inhalte zu kontrolieren hat schon die Musikbranche vergeblich versucht?
3. ganz technisch: Erkennt bisher irgendjemand den Versuch Standards zu schaffen im Dschungel der verschiedenen Lesegeräte und Dateien? Ist der Reader, den ich heute mit viel Erklärungsbedarf an den Kunden bringe denn auch morgen noch brauchbar? Und nebenbei- was ist mit der Gewährleistung?
(Übrigens, liebe E-Reader-Hersteller: Ich persönlich glaube, ihr selber seit bald obsolet - Apple baut Geräte, die alles können, was Eure Reader können und noch viel mehr - also wenn ich digital lese, warum dann nicht auf dem i-phone oder dem i-pad? )
4. ganz ökologisch: Ganz bestimmt ist die Buchbranche auch jetzt nicht an der Spitze der umweltfreundlichen Gestaltung unserer Gesellschaft angesiedelt, dafür werden zuviele Bücher gedruckt und hin- und herbewegt. Aber brauchen wir tatsächlich weitere Geräte, die mit hohem Energieaufwand hergestellt werden und Strom verbrauchen, dazu analog zur Handytechnik wohl sehr bald hochgiftiger Elektroschrott sind...
5. ganz sozial: Hat schon jemand den Plan in der Tasche für die Vergütung von guten Autoren, wenn sie keine Buchhonorare mehr bekommen ( siehe 2 )? Ich persönlich hätte gar nichts dagegen, wenn wir für unsere Autoren ein gesellschaftliches System entwicklen, das sie unabhängig macht - aber wer bezahlt es, wenn die Verlage kein Geld mehr verdienen? Wer möchte teure Redaktionen für Fachbücher unterhalten, wenn alles überall und jederzeit kopiert und vervielfältigt wird - schon mal einen nachbarschaftlichen Blick auf die Zeitungs- und Zeitschriftenbranche geworfen?
Es gibt noch weitere Fragen, aber ich wäre schon froh über die Beantwortung dieser Punkte. Auf der Messe in Leipzig habe ich keine überzeugenden Ideen dazu gehört.
Es gibt gute Gründe für E-Books, vor allem für den Leser. Wer findet es nicht faszinierend, die Bibliothek von Alexandria demnächst in der Hosentasche zu haben? Trotzdem sind die naiv-fortschrittsgläubigen Marktschreier nicht in der Lage, dem Buchhandel zu sagen, warum er nun ausgerechnet hierbei mitmachen soll. Es erscheint, als würde man an jeder Ecke gesagt kriegen: schneid Dir dein rechtes Bein ab, dann kannst Du Dein linkes vielleicht noch eine Weile retten.
Vielleicht geht es dem Buchhändler nicht anders als dem Dampflokomotivführer, dem Bergmann oder dem Böttcher. Er stirbt aus. Dann ist das so, der einzelne wird darunter leiden, die Gesellschaft wird sich einen Ersatz für die Verbreitung von kultureller Information beschaffen.
Wahrscheinlicher ist es aber, dass es einen Mix der Medien geben wird und das gebundene Buch noch eine ganze Weile weiter besteht. Das bleibt alles Spekulation - genauso wie alle momentan verbreiteten Untergangsszenarien.
Hello my friend!
AntwortenLöschenich habe dich kommentiert zur weiteren Verbreitung guckst du auf meine Blog!
Unter uns und her bei dir möchte ich mit Dir die Einschätzung teilen, dass ein Medienmix die Zukunft ist. Und das ist natürlich ein Dilemma Händler des eigenen Niedergangs zu sein. Wer macht das schon gerne mit?