Der beste Gefährte im Verlauf der Zeit ist ein Buch - arabisches Sprichwort

Herzlich willkommen beim Blog der Buchhandlung in Bönningstedt! Hier gibt es in regelmäßigen Abständen Neuigkeiten aus dem Buchladen, von den Büchern im Regal des Buchhändlers und Meldungen aus dem Literaturbetrieb.

Montag, 28. Februar 2011

Interview mit einer Vampir-Leserin

Folgendes Gespräch habe ich mit Katharina geführt, die 12 Jahre alt ist. Wenn man sie beobachtet, hebt sie einen Teil der pädagogischen Diskussionen um den Gebrauch der neuen Medien auf, denn sie kann zwar endlose Stunden mit Online-Spielen totschlagen, setzt sich dann aber wieder in den Sessel und liest Bücher in einem beeindruckendem ( oder beängstigendem ) Tempo. Und abends darf auch gerne noch Vorgelesen werden.

Buchhändler: Was hast Du zuletzt gelesen?
Katharina: „Schattenblüte“ von Nora Melling
BH: Hat es Dir gefallen? Und wenn ja, warum?
K: Ja, weil es spannend und packend ist und man gar nicht aufhören möchte zu lesen.
BH: Wie viele Bücher liest Du im Monat?
K: Kommt drauf an. In den Ferien lese ich schon mal 15-20 Bücher. Aber dicke, nicht so Baby-Bücher!
BH: Und wo kommen diese Bücher her? Wie kommst Du an Bücher?
K: Ich kaufe mir viele vom meinem Taschengeld in Buchläden. Und sonst von Verwandten, zum Beispiel aus dem Buchladen von meinem Onkel.
BH: Dein absolutes Lieblingsbuch?
K: Die „Biss“-Serie von Stephenie Meyer. Die ist spannend, packen und romantisch. Da geht es auch nicht immer um „Happy-happy-Eierkuchen“.
BH: Wo liest Du am liebsten, an welchem Ort?
K: Eingekuschelt im Bett, am Nachmittag oder Abend. Vormittags bin ich in der Schule oder zu träge, um zu lesen.
BH: Behältst Du alle Bücher oder schaffst Du Platz im Regal für neue Bücher?
K: Ich sammele alle Bücher und weiß im Moment nicht, wohin damit. Früher habe ich auch mal welche auf dem Flohmarkt verkauft, aber das tut mir jetzt leid.
BH: Und welches Buch steht gerade oben auf der Wunschliste?
K: Der nächste Teil von den „Vampire Diaries“, „Forever“.

Als unser kleines Frage-und- Antwort-Spiel eigentlich schon vorbei war, sagte Katharina noch diesen schönen Satz:“Versuch mal ein spannendes Buch zu lesen, um deiner Welt zu entfliehen, wenn du gerade Ärger hast!“

Montag, 21. Februar 2011

Empört Euch!

In Frankreich seit Monaten heiß diskutiert und auf den Bestsellerlisten nimmt "Empört Euch!" von Stephane Hessel nun auch den Buchmarkt in Deutschland im Sturm. Das kleine Bändchen ist ein Streitschrift gegen die Gleichgültigkeit und gegen das Wegschauen, genau die Lektüre also für das Deutschland der Wutbürger. Der 1917 (!) in Berlin gebürtige Hessel wirft sein moralisches Gewicht, dass ihm als Mitgleid der Résistance und Mitunterzeichner der Charta der universellen Menschenrechte zukommt in die Waagschale und ruft zur aktiven Teilhabe und zum Widerstand auf. Und man kann ihm auf allen 14 Seiten, die der eigentliche Text auf Deutsch nur umfasst, immer nur zurufen: Genau! Richtig! Gut gesprochen!
Aber ich hatte mehr erwartet. Es ist beruhigend, dass ein so integerer Mensch für Gewaltlosigkeit, gegen den ungebremsten Finanzkapitalismus und gegen den Abbau der sozialen Errungenschaften kämpft. Noch schöner wäre es jedoch, wenn er es abstrakter, philosophischer hätte ausdrücken können. Wenn schon der Text als solcher den Leser in den Bann ziehen könnte, auf sprachlicher Ebene. Wenn man dem Text vielleicht editorisch noch einige aktuelle Informationen zum Stand der Menschenrechte, der sozialen und ökonomischen Zustände in Europa und in der Welt beigegeben hätte. So bleibt aber das Buch ein Strohfeuer im Kopf des Lesers. Es ist gut, dass es dieses Buch gibt. Es lohnt sich, es zu Lesen. Der Rummel, den es ausgelöst hat,bleibt mir jedoch unverständlich und die Sorge ist, dass allein das hohe Alter und Ansehen des Autors eine Aufmerksamkeit in den Medien hervorgerufen hat, die von kurzer Dauer sein wird. Ein Manifest wird "Empört Euch!" nicht werden.

Montag, 14. Februar 2011

Der Bücherwurm - ein Wiederkäuer?


Das das kleine Wort "Buch" nicht nur zusammengebundene bedruckte, beschriebene oder leere Blätter Papier bedeutet, sondern auch für den sogenannten Blättermagen der Wiederkäuer steht ( Richard Pekrun: Das deutsche Wort, Büchergilde Gutenberg, 1962 ) ist vor allem für den Antiquar eine beglückende Entdeckung. Wer also angesichts der enormen Menge an Neuerscheinungen hilflos durch die Gänge der Buchhandlungen irrt, bis ihm nicht einmal mehr der Name seiner Lieblings-Autoren einfällt, dem seien die ruhigeren Weiden des antiquarischen Angebots empfohlen. Das sind zwar noch viel ausgedehntere Gefilde, doch hier herrscht die Ruhe eines sonnigen Friedhofs, dessen Besucher niemals Angst haben müssen, jemanden nicht anzutreffen oder etwas zu verpassen. Warum also nicht einmal "Alexis Sorbas" wiedertreffen, anstatt Platz 7 der Spiegel-Bestsellerliste zu lesen? Vielleicht mal Harry Martinson anstatt Henning Mankell? Steinbeck statt Franzen?
Dieses Wiederkäuen hilft auf alle Fälle dabei, dem passionierten Leser ein großartiges Gefühl der Sicherheit zu geben: es gibt in Gegenwart und Vergangenheit soviel zu entdecken, dass auch das längste und fleissigste Leserleben niemals an den Punkt kommen wird, an dem es langweilig wird...

Montag, 7. Februar 2011

Taschenbuch Band 16462


Dass die Taschenbücher von Bastei Lübbe nicht gerade seltene und kleinauflagige Raritäten sind, läßt sich bereits an dieser Nummer ablesen: Bastei Lübbe Taschenbuch Band 16462. In der Regel steht Bastei für bahnhofstaugliche Massenware, meist im Bereich der Spannungsliteratur. Oder für Romane, die uns starke Frauen im 19.Jahrhundert in Neuseeland ( Australien, Indien etc. ) zeigen, die gegen allen Unbill der Welt die Liebe ihres Lebens für sich gewinnen. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden.
Von Zeit zu Zeit jedoch kann der Leser einen seltenen Fang verzeichnen, wenn er wie ein geduldiger Entomologe seinen Kescher durch das Verlagsprogramm zieht. Und damit sind wir natürlich schon im Bild. Denn Entomologie, zu Deutsch Insektenkunde, ist das scheinbare Thema von Frederik Sjöbergs Buch "Die Fliegenfalle" . Und als klänge das für den Aussenstehenden noch nicht langweilig genug, geht es ganz speziell um das Sammeln von Schwebfliegen. Doch wer dieses Buch im Kescher hat und es trotz des ungewöhnlichen Titels auch aufschlägt, wird reich belohnt. Klug und lesbar schreibt Sjöberg hier über die Natur, den Menschen, Bescheidenheit und Größenwahnsinn - und natürlich auch über Fliegen. Ein großes Lesevergnügen auch für alle, die vielleicht normalerweise einen Bogen um Bastei Lübbe machen. Gratulation an den Lektor oder die Lektorin, die diese Perle im Verlagsprogramm untergebracht hat. Ich werde meinen Kescher für weitere Fänge bereithalten.

Die Fliegenfalle. Über das Glück der Versenkung in seltsame Passionen, die Seele des Sammlers, Fliegen und das Leben mit der Natur; Frederik Sjöberg, Bastei Lübbe 2010. ISBN 978-3-404-16462-2